Samstag, 20. August 2011

6.Teil: Die GANZE Geschichte vom SPARTACUS International Gay Guide, von seinem Gründer John D. Stamford und wie Bruno Gmünder das Schnäppchen seines Lebens machte.

Die Geschichte des 'Spartacus Gay Guide' wurde bisher nicht geschrieben. Das hat Gründe, die hier beschrieben und dokumentiert werden. Dabei ist sie (sogar nur von 1970-1987) spannend, turbulent und so umfangreich, dass sie einen einzelnen Blog-Eintrag sprengen würde. Deshalb veröffentlicht brunoleaks die Geschichte und die Hintergründe in mehreren hintereinander folgenden Teilen.
Da schon während der Recherchen immer wieder neue und sogar gegenteilige Fakten auftauchten, aber auch nachträglich ergänzende Kenntnisse und Erkenntnisse von Insidern eingingen und sicherlich noch eingehen werden (z.B. von Lesern), sei an dieser Stelle daran erinnert, dass Einträge in diesem Blog grundsätzlich auch ergänzt, selbstverständlich richtig gestellt, korrigiert oder gekürzt werden können.
Das hier auftauchende Dauer-Thema ‘Pädophilie’ dient nur einem Zweck, nämlich zur Erläuterung der ‘Spartacus’-Fakten und -Hintergründe. Im übrigen erhebt auch dieser Blog-Beitrag weder Anspruch auf Allwissenheit, noch auf Vollständigkeit. Interessenten stellen wir gerne Artikel-Kopien in hoher Auflösung zur Verfügung, z.B. wenn Textabbildungen hier nur ungenügend lesbar sind. 



Fortsetzung vom (anklicken) 5. Teil, 1986-87
 
1987 Gay Journal, Nr. 4/5, Seite 15: " ... Der ehemalige Stamford-Mitarbeiter Volkmar Mittelberg nennt seinen Ex-Boss in einem Interview mit ‘De Gay Krant’ "einen Hochstapler"... In den Niederlanden wird Stamford, ‘De Gay Krant’ zufolge, wegen "illegalen Knabenhandels" gesucht ..."
1987 im Mai, erscheint der erste ‘Spartacus’ im Bruno Gmünder Verlag: Das Impressum der 16. Ausgabe dominiert der Bruno Gmünder Verlag. Spartacus International Ltd. existiert für den ‘Spartacus’ nicht mehr. Stamford erscheint nur noch "unter ferner liefen".  Über den dubiosen Inhalt dieser Ausgabe siehe 3. Teil dieses Blogs (Absatz 1984-85) und detailliert unter der später folgenden Überschrift "Medienskandale" / Untersuchungsgegenstand in brunoleaks, Anmerkung X
In der 1. Ausgabe des (damals Softporno-magazins) MÄNNER (Nov/Dez 1987) des Bruno Gmünder Verlag findet man weder eine redaktionelle Zeile über den ersten Gmünder-Spartacus, noch eine Anzeige.

Mit dem Brief in der 16. Ausgabe dokumentiert Stamford zumindest einmal, dass seine "Probleme" bis ins Jahr 1984 zurückreichen. Tatsächlich tauchten auch schon 1981 massive Pädo-Probleme auf. Seine Rückzugs-Erklärung "doch am Ende schien mir diese Aufgabe zu schwierig, als dass ein einzelner Mensch sie bewältigen könnte"  hat mit der hier vielfältig dokumentierten Realität nicht das geringste zu tun. Weitere Ausführungen zu diesem selbstgerechten, weinerlichen bis homo-heroischen Brief siehe später unter „Medienskandale“ / Untersuchungsgegenstand in brunoleaks.


13. Mai 1992 erschien dieser Fäkalbeitrag in dem Gossenblatt Berliner BZ. Auch wenn er ein sehr typisches Beispiel ist für die Exkrement-Ausflüsse von Springers Boulevardjournalismus, soll er hier ganz zitiert werden, da  selbst die uns vorliegende Kopie nur schwer zu entziffern ist:

Gemeinster Verbrecher in unserer Stadt untergetaucht. Die grosse Angst: Berlin wird Europas Kinderporno-Hauptstadt. Von Uwe Steinschek. 

Kinder-Pornos sind sein dreckiges Geschäft - Videos, auf denen Minderjährige missbraucht werden: John D. Stamford (52), Ex-Priester aus England. "Er hat sich nach Berlin abgesetzt", weiss ein französischer Szene-Kenner, "er hat aus der Stadt die europäische Porno-Metropole gemacht.

Kriminaloberrat Kurt Richter von der Sittenpolizei: "Möglich, dass sich Stamford in Berlin rumtreibt. Aber wir wissen noch nicht genau wo." Stamford bezeichnet sich selbst als "König" des schmutzigen Geschäfts. Er flüchtete nach Berlin, nachdem die Polizei in seiner Villa bei Amsterdam 16 Kisten mit Kinder-Pornos und 25.000 Kundenadressen beschlagnahmt hatte. Scotland Yard, die berühmte Londoner Polizei, hat einen furchtbaren Verdacht: Stamford hat in England nach Sex-Orgien 20 Jungen beim Sterben gefilmt. Auf diesen perversen Filmen: nachdem die Kinder mehrfach von Männern vergewaltigt wurden, hat man sie erdrosselt, erstickt, erwürgt. Die Videos wurden für rund 1500 Mark pro Streifen verkauft - an besonders gute "Kunden".

"Die Kinder-Porno Szene ist schwer zu knacken", sagt Kurt Richter. "Es gibt nur wenige Betroffene, die Anzeige stellen - da spielt Schamgefühl eine grosse Rolle. Die Dunkelziffer ist hoch." Mögliche Interessenten werden von den Porno-Haien genau unter die Lupe genommen. Am besten, man zeigt erst sein eigenes "Material". Das weist den "Insider" aus. Ist die "Sicherheitsprüfung" abgeschlossen, werden die Video-Bänder über Nummern-Schliessfächer [gemeint: ganz normale Postschliessfächer] versandt. Kurt Richter: "Die Porno-Opfer werden, je nach Alter, mit Geld, Süssigkeiten oder Spielsachen gelockt." Beispiel: Ein Mann aus Reinickendorf lockte die Kinder mit Geld. Er hatte in einer Wohnstrasse Zettel ausgehängt, auf der Suche nach Jungen, die sich durch Swimmingpool-Reinigen Geld verdienen wollten. Die 8 bis 14 Jahre mussten sich ausziehen, nach Regie-Anweisungen des Mannes vor laufender Kamera Sex-Spiele treiben - für 10 Mark. Die Streifen wurden für 135 bis 260 Mark verkauft. Die Sache flog auf, weil ein Neunjähriger seinen Eltern erzählte, was ihm passiert war.


Bravo, Steinschek, Sie sind ein begnadeter Schmierfink! 
Der Mann, von dem die Polizei annimmt, dass er sich in Berlin aufhält, befindet sich für den BZ-Schmierer breits vor Ort. Und er weiss sogar schon, was der Mann plant: Der macht aus Berlin Europas Kinderporno-Haupstadt - ach was, gigantischer - die europäische Porno-Metropole ... Die Villa in Amsterdam wurde nachweislich 1987, also 5 Jahre vor diesem Artikel, durchsucht (alles kalter Kaffee) ... die damals möglicherweise 25.000 beschlagnahmten Adressen stammten von Kunden des Spartacus-Guide, des Spartacus-Traveller Magazin, des Spartacus Club, der Coltsfoot Press, Käufern nackiger Jungenfotos... Und die BZ präsentiert der Welt einen Verdächtigen mit vollem Namen und Bild als Vergewaltiger, Folterer und Mörder von 20 Jungen (aus Scotland Yard hat einen Verdacht macht die BZ Stamford hat in England...) ... Und zuguterletzt hängt der BZ-Schmierer noch eine besonders geile Porno-Story an die Stamford-Meldung ... 

Fäkal-Journalist Uwe Steinschek (Bild) wurde danach BZ-Chefreporter und dann BZ-Redakteur ...

Tatsache ist, Stamford ging - nachdem der Fiskus seine Amsterdamer Villa auf den Kopf gestellt hatte - zunächst nach Rotterdam. Zumindest um das Jahresende 1987 befand er sich in Berlin, als die Vereinbarung mit dem Bruno Gmünder Verlag unterzeichnet wurde ... und er soll (so Gmünders Ex-Mitarbeiter) tatsächlich 1992 - in Berlin gelebt haben. Ob offiziell gemeldet oder 'untergetaucht' ist nicht bekannt. Die Spartacus-Verleger Bruno Gmünder und Christian von Maltzahn sollen sich über den BZ-Artikel (köstlich) amüsiert haben. 

Dass Stamford seinen Pädo-Reisekunden (siehe Spartacus Club) auch Pädo-Pornos angeboten hat, ist - nach allem was wir inzwischen über ihn wissen - sehr wahrscheinlich.

Erste Hälfte der 90er In dieser Zeit bekam der 'Spartacus' erneut Probleme mit den Medien: "... Zwei größere Streitfälle wurden mit dem französischen Fernsehsender TF1 und der französischen Publikation Société Presse – Alliance SA ausgetragen, wo die Anschuldigungen so weit gingen, dass der Spartacus sexuellen Kindesmissbrauch fördere." ['Wikidepia' über 'Spartacus International Gay Guide'. Der Abschnitt 'Geschichte' endet mit diesem Satz.]

Was es damit auf sich hatte, wird in 'Wikipedia' (natürlich) nicht ausgeführt. Insider berichten, dass die juristischen Angriffe aus Frankreich gefährlich und teuer zu werden drohten. Dem 'Spartacus' drohte sogar ein Verkaufsverbot. Deshalb entschieden die schwulen Verleger, dass man sich unbedingt von John D. Stamford trennen müsse. Der hielt schliesslich immer noch gewisse Rechte am Namen und bei der Anzeigenvermarktung.

1996 Nach einer langen Verhandlungsnacht in Strassburg einigte man sich auf Stamfords endgültigen Spartacus-Ausstieg, wofür er vom Bruno Gmünder Verlag eine Art Leibrente erhielt.

1997 oder 98 Die letzten Jahre lebte John D. Stamford in Turnhout, Flandern (Belgien). Dort sass er auch im Gefängnis, wo er auf Kaution - arrangiert durch Christian von Maltzahn - entlassen wurde. Kurz darauf ist er verstorben. 

Der Bruno Gmünder Verlag hat bewusste Leibrente noch nicht einmal ein Jahr lang zahlen müssen. (Dazu später mehr)


1999 im September wird Briand Bedford Chefredakteur des ‘Spartacus’.

2005 arbeiteten im Bruno Gmünder Verlag "vier redaktionelle Mitarbeiter und weltweit zwischen 25 und 30 festangestellte Mitarbeiter, die auf Provisionsbasis arbeiten" (laut Chefredakteur Briand Bedford in einem Interview in ‘Queer.de’)



Spekulationen über den Verbleib John D. Stamfords:
2011 im Juni fragten wir Chefredakteur Henk Krol von der niederländischen  De Gay Krant nach dem Verbleib von John D. Stamford. Krol ist seit 1980 dabei. U.a. diese professionell gemachte holländische Schwulen-Zeitung hatte seinerzeit ausführlich über den Fall Stamford / Spartacus berichtet und verschiedene Interviews veröffentlicht. Seine  knappe Antwort: "As far as I know, he went to Asia."

Die gleiche Frage an Peter Thommen (arcados Buchhandlung, Basel), der John D. Stamford persönlich kannte: "... Soviel ich weiss, ist John Stamford vor einigen Jahren in einem Gefängnis in den Niederlanden an einem Herzinfarkt verstorben! Ihm wurde Förderung pädophiler Reisen oder sowas vorgeworfen...." Und in einem Nachtrag vom 16.7.2011: "... John D. Stamford ist wirklich in einem Gefängnis an einem Herzinfarkt verstorben. Das bestätigte mir der älteste Gaysaunabetreiber hier in Basel, der pensioniert ist...."

In eine nicht ganz unähnliche Richtung zielt die Aussage von Ron Meijer von gayamsterdam.com / gaynews.nl (Nachfolger des Gay Amsterdam Magazine, das ebenfalls 1986/87 über die Vorgänge um den ‘Spartacus’ berichtete): „Asking around here people say he was arrested for involvement in child pornografie in Thailand. That is the only thing that shows up when i asking 4 people about him. Maybe thats the reason that noting can be found about him.“

Tatsächlich - wie 1997/98 beschrieben - ist John D. Stamford mit noch nicht einmal 60 Jahren in Belgien verstorben.


Auflagen-Zahlenspiele - wie bei allen schwulen Publikationen

‘Wikipedia’ (siehe Spartacus International Gay Guide) (Stand Juli 2011) nennt in ein und demselben Eintrag zwei verschiedene Auflagenzahlen:

a) "1/3 der Auflage von 65.000 Stück wird in der EU verkauft."
Aus welchem Jahr diese Zahl stammt, wird nicht angegeben... und ein paar Zeilen weiter ...
b) "Die höchste jemals herausgegebene Auflage waren 100.000 Stück. Im Internet-Zeitalter ist sie etwas zurückgegangen und beträgt heute 75.000."

Aus welchen Jahren diese Zahlen stammen, wird (natürlich) nicht angegeben.
Auch um welche Art von "Auflagen" es sich dabei handelt, wird nicht angegeben. Druckauflage? Verbreitete Auflage? Verkaufte Auflage? Freistücke? Archivexemplare? Belegexemplare (z.B. für jene aberhunderte Inserenten)? ...

Die ebenso wirren, wie total veralteten Angaben in ‘Wikipedia’ vom Juli 2011 setzen sich im
Absatz ‘Geschichte’ fort: „In den 30 Jahren seines Erscheinens erlebte der ‘Spartacus’...“ Das bedeutet, dass der Wikipedia-Text vor 10 Jahren verfasst wurde, denn der erste ‘Spartacus’  erschien 1970. Plus "30 Jahre seines Erscheinens" ergeben das Jahr 2001 oder 2002 (zwei Erscheinungsjahre sind ausgefallen). Laut der in ‘Wikipedia’ für jedermann einzusehenden ‘Versionsgeschichte’ wurden zwischen 2002 und 2011 zahllose Banalitäten geändert und korrigiert. Nicht jedoch die sinnlos unterschiedlichen  Auflagenangaben 65.000 bzw. 75.000.

Das nicht-schwule EVENT Magazine, London, phantasierte im April 1982, in einer "Besprechung" des ‘Spartacus’, über 250.000 verkaufte Exemplare à £ 7.50 (das entsprach damals 32,- DM). Es ist nicht ausgeschlossen, dass Stamford dem Autor diese Phantasiezahl „steckte“.

In einem Interview mit De Gay Krant, der holländischen Schwulenzeitung, sagt Stamford 1985 selber, von der 1984er Ausgabe seien zwar 42.000 Exemplare gedruckt, aber nur 28.000 verkauft worden.

In ‘Wikipedia’ heisst es, dass zu Zeiten des Bruno Gmünder Verlag "die höchste jemals herausgegebene Auflage 100.000 Stück" betrug. (Den Ausdruck "herausgegebene Auflage" gibt es im Verlagswesen nicht, was zeigt, was für 'Fachleute' diesen Eintrag verfasst haben).

1987 In der 16. Ausgabe, also jenem ersten, im Bruno Gmünder Verlag veröffentlichten ‘Spartacus’, erschien die links abgebildete Anzeige des TOP VERSAND. In einem Gespräch mit dem damaligen Mitinhaber und Geschäftsführer der „Top Versand Brendel & Reimer GmbH“, Jens M.A. Reimer, sagte dieser uns im Juni 2011:

"An den exakten Anzeigenpreis kann ich mich nicht mehr erinnern. Der dürfte zwischen 2000 und 2500 DM gelegen haben; wahrscheinlich sogar darüber. Ich weiss nur, für eine Anzeige in einer schwulen Publikation handelte es sich damals um einen Wucher-Preis.

Auf diese Anzeige erhielten wir - so wahr ich Reimer heisse - keine einzige Katalog-Anfrage.

Ich möchte das erklären: Vom Start an unseres Versandes benutzten wir ein Anzeigenkontrollziffernsystem, wonach jede Topversand-Anzeige eine individuelle Postfachziffer erhielt. Selbst wenn Coupons nicht ausgeschnitten und eingeschickt wurden, konnten wir jede Anfrage einer bestimmten Anzeige zuordnen und mit einem speziell entwickelten Computerprogramm die Effektivität des eingesetzten Insertionspreises auswerten (u.a. Umsatz, Bestellhäufigkeit usw.).

Welche Auflage man uns damals genannt hat, weiss ich nicht mehr. Wenn ich jetzt sage, dass wir sowohl an der verkauften Auflage, als auch an dem Vertrieb des Titels - und damit generell an der Seriosität des Bruno Gmünder Verlag - die allergrössten Zweifel hatten, dann ist das eine äusserst dezente Formulierung. Der TOP VERSAND, der zu über 95% in nicht-schwulen Blättern wie bspw. ADAC Motorwelt, ganzseitig im STERN oder regelmässig in TV MOVIE und MAX inserierte, hat nie wieder eine Anzeige im SPARTACUS plaziert."

Wie heisst es doch im EVENT-Magazin 1982? „ ... Now he’s head of what must be the largest gay business empire in the world. He is the only man who knows the exact circulation figures for the world’s most comprehensive homosexual information guide...“ Gemünzt war das auf Stamford. Bruno Gmünder setzte das durch nichts belegte Auflagenzahlenspektakel ungeniert fort.